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Wer ich bin?: Einer von euch!

Insider Nº1 / 15 26.2.2015 Kommentar

Geschätzte Paternosterfahrer,

manchmal ergibt einfach das eine das andere und schon bist du mittendrin. Ich war vor wenigen Wochen im Haus der Industrie am Wiener Schwarzenbergplatz in der obersten Etage verabredet. Wie immer freu ich mich schon auf den alten Paternoster, der in dem Gebäude noch funktionstüchtig ist. Ein Prunkstück, 1911 erbaut, und immer noch dieselbe Technik wie damals, das muss man sich einmal vorstellen.

Im zweiten Stock hüpft ein weißhaariger Herr mit mäßig gebeugten Armen bei gerader Körperhaltung elegant herein – der Hannes Androsch. „Das wird dich wundern“, sagt er, „eigentlich will ich ja runter, aber bei dem Paternoster tu ich mir leichter beim Einsteigen, wenn er rauffährt. Da fahr ich dann bis ganz nach oben, dort dreht er um, aber so, dass die Kabine eben nicht kippt, und dann fahr ich auf der anderen Seite wieder runter. Das dauert ein bisserl länger, ist aber einfacher für mich.“ Ich zieh anerkennend meine Mundwinkel runter und die Augenbrauen hoch und sag: „Gell, das ist wie mit den Aktien. Da ist’s auch besser, man steigt ein, wenn sie raufgehen. Im Grunde sind die Börsianer ja alle miteinander Paternosterfahrer.“

„Die Börsianer als Paternosterfahrer! Also das ist ja großartig. So etwas musst du aufschreiben, hörst du. Das muss in die Zeitung.“

In dem Moment wird die Kabine gerade ganz oben in die Abwärtskette umgehängt, und wir fahren wieder runter. Da schaut mich der Androsch an, als ob plötzlich eine giftige Spinne auf meiner Schulter säße, lacht eruptiv laut auf und sagt: „Die Börsianer als Paternosterfahrer! Also das ist ja großartig. So etwas musst du aufschreiben, hörst du. Das muss in die Zeitung.“

Wir fahren nun schon zum zweiten Mal an dem Stockwerk vorbei, in dem ich ursprünglich aussteigen wollte, und der Androsch gibt noch immer keine Ruh. „Du kennst ja die Finanzwelt wie kein anderer, bist eine verlässliche Quelle, hast das richtige Insiderwissen, bist mittendrin statt nur dabei, besitzt Informationen aus erster Hand, bist unscheinbar, und es entgeht dir nichts, du kennst alle Gerüchte. Mit einer gescheiten Kolumne kannst du dein Insiderwissen auch mit den Paternosterfahrern teilen.“

Ich bin wie immer überpünktlich und kann getrost noch einmal rauffahren, also unterbreche ich den Androsch auch nicht, als er fortfährt: „Du, ich habe gehört, ‚DerBörsianer‘, das Magazin, da machen s’ grad einen Relaunch. Du kennst doch den Chefredakteur, den Dominik Hojas. Die könnten einen wie dich brauchen. Reich wirst damit zwar nicht. Aber das hast du eh nicht nötig.“ In dem Moment sind wir am Erdgeschoß vorbei, und es geht hinunter in den Keller, wo die Kabine wieder die Richtung wechselt. Es rattert und knarrt, da sagt der Androsch: „Beim Aussteigen tu ich mir eigentlich leichter, wenn’s runtergeht.“ Doch es geht bergauf, und als er aus der Kabine aussteigt, dreht er sich um und sagt noch: „Also dann: Cash up.“ – Die Kabine fährt wieder rauf.

Ein Anruf hatte genügt und wir waren uns einig. So wird der Börsianer von nun an in unregelmäßigen Abständen hier sein Wissen vom rot-weiß-roten Finanzplatz mit euch Paternosterfahrern teilen. Wer ich bin? Einer von euch. Hinweise auf meine Person finden sich in den Kolumnen. Wer mich kennt, wird es herausfinden. In diesem Sinne:

„Cash up!“

Der Börsianer

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