Geschätzte Paternosterfahrer,
ausgerechnet im Delikatessenladen auf dem Aumannplatz in Wien treff ich kürzlich den Ex-Minister Martin Bartenstein, als er sich gerade eine Mangalitzasalamisemmel mit Gurkerl kauft. „Nau“, sag ich, „du bist aber ein Feinspitz.“ – „Man muss sich ja mit irgendwas belohnen, auch wenn es plötzlich angeblich krebserregend sein soll“, sagt der Bartenstein und ergänzt mit einem Augenzwinkern, „aber wenn man es mit Maß und Ziel macht, ist’s ja kein Schaden.“ Die Verkäuferin unterbricht uns: „Darf’s noch was sein, Herr Minister?“ – „Nein danke, ist alles“, sagt der Bartenstein und zahlt. „Hast noch ein bisserl Zeit?“, fragt er mich. „Aber ja“, sag ich, und wir platzieren uns an einen der Stehtische. „Was liegt an?“, frag ich den Bartenstein.
Er knabbert lustlos an seiner Semmel und zieht ein paar Sorgenfalten: „Ich hab schön langsam den Eindruck, es geht alles den Bach runter. Weißt, zum Beispiel die Sache mit dem Petrikovics (Ex-Immofinanz-Chef) ist extrem unangenehm. Ich bin froh, wenn da einmal Ruhe einkehrt.“ Da unterbricht uns wieder die Verkäuferin: „Herr Minister, darf ich Sie was fragen? Wir reden nämlich grad: Wie viel Jahr’ hat der Petrikovics jetzt fix ausgefasst?“ Der Bartenstein schaut peinlich berührt auf und sagt: „Sechs Jahre, was ich weiß.“ – „Na hab ich’s nicht gesagt“, sagt die Verkäuferin zu ihrer Kollegin, „ich hab recht g’habt, sechs Jahr’ hat er bekommen. Fünf Euro krieg ich von dir.“
Der Bartenstein wendet sich zu mir: „Siehst, was hab ich gesagt, was hab ich gesagt, das hab ich jetzt davon, dass ich ihm damals vertraut hab, als ich ihn in die BIG geholt hab. Das hängt mir jetzt nach, das brauch ich wie einen Kropf.“ Ich versuch mein Gegenüber zu beruhigen, erkläre ihm, dass er sich doch keine Vorwürfe zu machen brauche und dass er doch nichts dafür könne, wenn einer ausschert und eigene Wege geht. – „Herr Minister, eine Frage noch“, unterbricht uns schon wieder die Verkäuferin, „weswegen muss der Petrikovics jetzt hinter Gitter?“ – „Er hat sich mittels geheim gehaltenen Aktienoptionsgeschäften in Millionenhöhe im Immofinanz-Constantia-Konzern auf Kosten der beteiligten Unternehmen bereichert, ohne selber irgendein Risiko eingegangen zu sein. Das Gericht nennt diesen Umstand auch Untreue“, murmelt der Bartenstein. – „Untreue, na hab ich’s nicht gesagt, hab ich’s nicht gesagt“, schleudert die Verkäuferin lautstark ihrer Kollegin entgegen, „jetzt sind’s schon zehn Euro.“
„Siehst“, haucht mir der Bartenstein entgegen und stellt dabei seinen Kragen vom Sakko auf, „diese Geister wirst du nicht mehr los. Ich hab den Petrikovics damals vollkommen falsch eingeschätzt. Das hätte ja niemand vermutet, so honorig, wie der aufgetreten ist, und bei solch einem Fleiß, den er an den Tag gelegt hat. Sechs Telefone hat er benutzt! – Wenn einer sechs Telefone hat, dann muss er doch bitte vertrauensvoll sein. Dann ist er doch ein Leistungsträger. Wie man sich nur täuschen kann. Wie man sich nur täuschen kann.“
Der Bartenstein greift sich auf die Stirn und wischt sich den Schweiß ab. – „Und die Salami ist krebserregend“, sag ich, während er sich den Rest genüsslich reinstopft. Da senkt er den Blick und sagt, nachdem er den mühsam zerkauten letzten Bissen runtergeschluckt hat: „Ja, wie man sich nur täuschen kann!“
In diesem Sinne,
„Cash up!“
DerBörsianer