Ein bahnbrechendes Urteil ist vergangenen Mittwoch am Bezirksgericht in Den Haag ergangen: Der Öl- und Erdgaskonzern Shell muss seine CO2-Emissionen bis 2030 um netto 45 Prozent im Vergleich zu 2019 reduzieren. Klimaschützer wie unsere Ministerin Leonore (Gewessler) jubeln – zurecht? Ich habe für dich heimische Juristen um eine Bewertung gebeten.
Das Urteil ist erstinstanzlich – Shell kann und wird aller Wahrscheinlichkeit nach Berufung einlegen: „In ein paar Jahren werden wir wissen, ob der niederländische oberste Gerichtshof das auch so sieht“, sagt Bernhard (Müller) von Dorda Rechtsanwälte.
Das niederländische Zivilrecht sieht „ungeschriebene Sorgfaltspflichten“ vor, die zum Beispiel durch die „UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ ausgefüllt werden können: „Ich denke, dass solche Grundsätze in österreichischen Gerichtsverfahren wahrscheinlich weniger Gewicht hätten“, sagt Iris (Hammerschmid), Rechtsanwältin bei Freshfields Bruckhaus Deringer.
Bernhard sieht das Urteil auch kritisch:
„Der Richter ist bei seinem Urteil ans Gesetz gebunden und er kann aus meiner Sicht, so wie das in Holland passiert ist, nicht über das Gesetz hinausgehen und hier Klimaschutzziele vorschreiben. Dann wird aus dem demokratischen Rechtsstaat ein verfassungswidriger Richterstaat.“