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Sperrstunde: Ohne Sparvereine keine Wirte

Insider Nº176 / 16 7.7.2016 Kommentar

Geschätzte Paternosterfahrer,

als ob der Brexit, die mittlerweile drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei und die Bundespräsidentenwahlwiederholung nicht alles schon allein genug wäre, nein, jetzt kündigt auch noch die Bawag PSK den Sparvereinen die Konten. Und das hat tektonische Verschiebungen zur Folge.

Immer wenn ich einen Termin im Sozialministerium hab, geh ich danach ins Cafe Ministerium auf dem Georg-Coch-Platz. So auch vor wenigen Tagen. Drinnen seh ich den Christoph Leitl, den Wirtschaftskammerpräsidenten, wie er mutterseelenallein an einem Fensterplatz sitzt und gedankenverloren auf das Denkmal für Georg Coch blickt. Wir begrüßen uns herzlich, und der Christoph sagt:

„Geh Gekko, setz dich doch ein bisserl her zu mir.“ – Ich hab in der nächsten Stunde keinen Termin, also nehm ich die Einladung dankend an. „Was ist dir denn über die Leber gelaufen, Christoph, ich seh’s dir an, du hast doch was“, sag ich mit einer gewissen Sorge. Er schaut nämlich wirklich nicht gut aufgelegt drein. „Die Wirten“, sagt der Christoph, „die Wirten sind mein Problem.“ – „Aber die Wirten waren doch noch nie ein Problem, du hast doch nur ein Problem ohne“, sag ich, um seine Schwermut ein bisschen zu lockern. – „Jaja, pflanz mich nur“, sagt der Christoph, nachdem er sogar ein wenig gelächelt hat, „aber meine Sorge betrifft ganz Österreich, weißt. Die Bawag, wie du vielleicht schon gehört hast, kündigt den Sparvereinen die Konten.“ – Ich schau ihn an: „Na ja, das ist wahrscheinlich eine Watschen vom Byron Haynes, wegen der Novelle des Kontodatenregisters. So seh ich das.“

Der Christoph schaut wieder raus auf den Georg Coch und sagt bedeutungsschwanger: „Aber du hast keine Ahnung, was das bedeutet.“ – „Was derf’s denn sein?“, fragt die Kellnerin. Ich bestell mir Würschtel mit Saft und ein kleines Bier dazu. Dann sag ich zum Christoph: „Aber das wird doch nicht der Untergang des Abendlandes sein.“ Da schaut mir der Christoph tief in die Augen und sagt: „Ja, verstehst du denn nicht? Wenn ein Wirt seinen Sparverein verliert, kann das für ihn einen Umsatzverlust von bis zu 50.000 Euro bedeuten. Er muss vielleicht zusperren, weil sich das für ihn nicht mehr rechnet. Dann gibt es vielleicht im Ort kein Wirtshaus mehr. Studien belegen, dass in Ortschaften ohne Wirtshaus die Zahl der Streitverfahren, die vor Gericht landen, eklatant steigt. Die Leut zerstreiten sich untereinander, keiner redet mehr mit dem anderen, der Handel und die Wirtschaft brechen ein, die Leut wandern ab, die Zersiedelung setzt ein, und womöglich veröden ganze Landstriche.“

„Und andere Banken können die Konten nicht übernehmen?“, frag ich den Christoph. – Der antwortet: „Von der Raiffeisenlandesbank, der BKS, der Kärntner Sparkasse, der Zveza Bank und der Anadi Bank kam schon ein deutliches Njet.“ – „Da ziehen aber dunkle Wolken auf“, sag ich ein wenig augenzwinkernd. – „Es ist ungesund für die Wirtschaft und deshalb auch ungesund für die Menschen“, sagt der Christoph.

Meine Würschtel und das Seidl werden serviert. Mit dem ersten Bissen im Mund sag ich nach einer kurzen Nachdenkpause: „Apropos ungesund“, und mit dem Messer auf mein Bier deutend, „Christoph, was schätzt du: Wie viel sind 50.000 Euro in Krügeln umgerechnet?“

In diesem Sinne,

„Cash up!“

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