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Frauentag und Opernball: Es ist nicht alles Wurscht

Insider Nº62 / 19 8.3.2019 Kommentar

Geschätzte Paternosterfahrer,

jedes Jahr gibt es ein paar Termine, die man zwar etwas unwillig in den Kalender einträgt. Dazu gehören etwa der Villacher Fasching oder der Opernball. Letzterer, muss ich gestehen, hinterlässt schon einen bleibenden Eindruck aufgrund der staatstragenden Note, die ihm die höchsten Repräsentanten der Republik allein durch ihre Anwesenheit verleihen. Es ist ein Ereignis mit erlauchtem, erhabenem Charakter.

Der Opernball also. Bussi hier, Bussi da, man kennt das ja, ein Spießrutenlauf der Tröpfcheninfektion, mitunter findet man ein interessantes Netzwerkgespräch, erfährt dabei so manches hinter vorgehaltener Hand und kann nebenbei auch noch Sozialstudien betreiben sowie ausgelassen scherzen. Zu guter Letzt genießt man auch diesen besonderen Moment, es schaut ja nicht ohne Grund die ganze Welt gebannt auf das glamouröse Ereignis und die erlauchte Gästeschar.

Kurz nach der Eröffnung, ich suche gerade eine Abstellmöglichkeit für mein Glas und möchte eigentlich das WC aufsuchen, da zupft mich jemand am Frack: der Richard Lugner. „Servus, Gekko, hast schon die Würschteln probiert? Sehr gut, sag ich dir, ausgezeichnet.“ – Ich schüttle dem Richard die Hand und will schon sagen, dass ich noch keine Würschteln hatte, da sagt er: „Du, ich muss dich was fragen. Ich hab gelesen, weil ja bald der Weltfrauentag ist, dass die Frauen immer noch weniger verdienen als die Männer. Das hab ich letztes Jahr schon in der Zeitung gelesen. Ist das nicht komisch? Jeder weiß von dem Problem, aber es ändert sich nichts. Sag, ist das nicht komisch?“ – „Da muss ich dir recht geben. Aber ich versteh es auch nicht. In den Vorständen heimischer börsennotierter Unternehmen finden sich zum Beispiel mehr Männer namens Peter als Frauen. Und sind sie einmal dort, die Frauen, verdienen sie nachweislich weniger als die männlichen Kollegen mit derselben Qualifikation. Das sagt schon sehr viel aus.“ Der Richard runzelt die Stirn. „Wie meinst, kann man das ändern? Man kann ja den Männern das Gehalt nicht kürzen. Müssen wir jetzt den Frauen mehr zahlen? Und was, wenn das die Männer erfahren?“, sagt er und fügt hinzu: „Komm jetzt, wir holen uns noch ein Würschtel.“

Beim Verzehr der berühmten Sacherwürschteln philosophieren wir weiter. Der Richard nimmt einen großen Bissen und sagt: „Heißt das, dass man etwa Regelungen erlassen müsste, die für Transparenz der Gehälter und Quoten in Führungsetagen sorgen“, er fuchtelt mit dem Würschtel in der Hand herum, „sehr gut, das Würschtel, ausgezeichnet, aber zurück zum Thema: Findest du das g’scheit? Alles reglementieren? Was macht man dann mit bubenlastigen Jahrgängen? Ist doch eh schon alles so kompliziert. Oder meinst, dass da ohne Zwang nichts weitergeht?“ Ich hab grad mein Würschtel runtergeschluckt, setze zur Antwort an, da steht plötzlich die Conchita Wurst neben uns. „Servus Richard, schön, dich zu sehen, grüß dich Gekko, ich will euch ja nicht lang aufhalten, aber ich habe grad zugehört und wollt nur meinen Senf dazugeben: Ich glaub, wir als Geschlechter sollten uns nicht als Konkurrenten sehen, sondern als solidarische Partner wahrnehmen. Na, macht’s klick? Ich muss jetzt zum Finanzminister. Lassts euch das Würschtel noch gut schmecken! Man sieht sich. Tschüss!“ – Der Richard schaut ihr nach: „Na die ist mir nicht Wurscht!“

In diesem Sinne,

„Cash up!“

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