Der Bilanzskandal um den deutschen Zahlungsdienstleister Wirecard AG hatte einen langen Vorlauf und blamiert alle Beteiligten. Schon im Jänner 2019 warnte die Financial Times vor massiven Unstimmigkeiten.
Das hinderte zahlreiche deutsche Akteure vom Analysten, über den Wirtschaftsprüfer bis zum Fondsmanager nicht daran, der Wirecard AG weiter blind zu vertrauen. Das Motto der Analysten lautete noch im April: Wer bietet mehr. Hauck & Aufhaeuser toppte mit einem Kursziel von 270 Euro alle.
Doch es sind für mich nicht nur die Analysten, die sich viele Fragen stellen müssen. Der reguläre Bilanzprüfer EY hat der Wirecard AG jahrelang eine ordnungsgemäße Buchführung testiert, auch noch 2019, als erste Verdachtsmomente auftauchten. Die Fondsmanager waren trotz Hinweisen und mehrmals verschobenen Bilanzen stark investiert. Die Aufsicht Bafin schaute lange weg – was die EU nun untersucht. Schließlich wollte man sich in Deutschland nicht die märchenhafte Geschichte vom Aufstieg einer kleinen Münchener Vororte-Firma zum neuen Stern am Dax-Himmel von irgendwelchen ausländischen Journalisten mit ihren Short-Sellern im Hintergrund ruinieren lassen.
Da hieß es fest zusammenhalten im gemeinsamen Match gegen ein angebliches Komplott von Schreiberlingen und Spekulanten aus dem angelsächsischen Raum. Der Finanzplatz Deutschland wird lange brauchen, um sich von dieser kollektiven Niederlage in der Affäre-Wirecard zu erholen.