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Odysseus’ Seele: Wieso die Angriffe gegen den OMV-Boss ins Leere laufen

Exklusiv Insider Nº246 / 20 2.6.2020 Kommentar

Geschätzte Paternosterfahrer,

nach all den Wochen der Corona-bedingten Enthaltsamkeit, des Sich-Zurückziehens und des Verzichts auf alle uns so vertrauten Vergnügen und liebgewonnenen, ja, selbstverständlichen Pläsierchen wie ein gemeinsames Essen im Restaurant, einen Ausstellungsbesuch oder einen Opernabend wurde es schön langsam, aber sicher wieder Zeit: Endlich hat die Regierung nach Wochen und Monaten des Evaluierens Lösungen gefunden, wie Kulturgenuss unter diesen wirklich schwierigen Bedingungen, die uns dieses vermaledeite Virus auferlegt hat, möglich ist – wenn auch in abgespeckter Form. Aber man gibt sich, dermaßen für so lange Zeit zurückgestutzt, auch mit Kleinigkeiten zufrieden. Der Menschen Seele braucht Kultur.

Das schöne Wetter am Pfingstmontag nutze ich sogleich und mache mich auf zum Himmel, einem kulturell, spirituell wie auch kulinarisch genutzten Areal auf dem Pfaffenberg in Wien-Döbling. Dort kann man nicht nur gut essen, es befindet sich ebenda ein Baumkreis für esoterisch Angehauchte, und im Beethoven-Jahr wird das Gelände mit ausgesuchten Aufnahmen des Ausnahmekünstlers beschallt. An diesem Tag mit der von mir so geschätzten Sonate Nr. 5 für Klavier und Violine in f-Moll. Und wen seh ich dort auf einem Bankerl sitzen? Man mag es nicht glauben: den im März durch den Shutdown in Irland gestrandeten Rainer (Seele), Vorstandsvorsitzenden der OMV AG.

„Ich werd nicht mehr“, sag ich, „hallo Rainer, sag, wie bist du denn zurückgekommen? Alle Welt hat dich vermisst!“ – Er sieht mich verschmitzt an, dann steht der 1,90-Meter-Mann auf, lässt den Blick bedeutungsschwanger über die Gegend schweifen und hebt mit ernster Miene an: „Und neun Tage trieb ich, von wütenden Stürmen geschleudert / Über das fischdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt’ ich / Hin zu den Lotophagen, die blühende Speise genießen. / Allda stiegen wir an das Gestad’, und schöpften uns Wasser. / Eilend nahmen die Freunde das Mahl bei den rüstigen Schiffen.“

„Wie meinst du das?“, frag ich ihn entgeistert, „hör einmal, dich hat man in der Abwesenheit ordentlich angepatzt. Deine Manager haben dich über die Medien angegriffen und dir die Streichung ihrer Privilegien vorgeworfen …“ – Da stemmt der Rainer seine Hände in die Hüften und setzt fort: „Aber die Lotophagen beleidigten nicht im Geringsten / Unsere Freunde; sie gaben den Fremdlingen Lotos zu kosten. / Wer nun die Honigsüße der Lotosfrüchte gekostet, / Dieser dachte nicht mehr an Kundschaft oder an Heimkehr: / Sondern sie wollten stets in der Lotophagen Gesellschaft / Bleiben, und Lotos pflücken, und ihrer Heimat entsagen.“

Ich muss den Rainer unterbrechen: „Sag einmal, was redest du da? Macht dir das gar nichts aus? Die werfen dir vor, ein Luxusleben zu führen, während du Jobs streichst und Managerprivilegien …“ – Der Rainer zeigt sich unbeeindruckt: „Aber ich zog mit Gewalt die Weinenden wieder ans Ufer, / Warf sie unter die Bänke der Schiff‘, und band sie mit Seilen. / Drauf befahl ich und trieb die übrigen lieben Gefährten, / Eilend von dannen zu fliehn, und sich in die Schiffe zu retten, / Dass man nicht, vom Lotos gereizt, der Heimat vergäße.“

„Hallo, Rainer, hier bin ich!“, rufe ich. Er aber zeigt sich unbeirrt: „Und sie traten ins Schiff, und setzten sich hin auf die Bänke, / Saßen in Reihn, und schlugen die graue Woge mit Rudern. / Also steuerten wir mit trauriger Seele von dannen.“

Mir bleibt der Mund offen, und ich blicke entgeistert hinunter auf Wien. Da legt der Rainer seine Hand auf meine Schulter und sagt: „Weißt du, mein Lieber, das war aus ‚Odysseus‘. Von Homer. Nimm’s leicht. Alles wird gut.“ – Und in dem Moment erklingt Beethoven.

In diesem Sinne,

„Cash up!“

Der Börsianer

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