Geschätzte Paternosterfahrer,
Ostern ist ein Familienfest, ein christliches noch dazu. Doch die gewohnten Treffen mit der gesamten Bagage sind heuer weitgehend abgesagt. Österreich liegt – im Gegensatz zu unserem Erlöser – noch im Lockdown-gemäßen Tiefschlaf. Und eine österliche Hoffnung auf Besserung der Lage mag angesichts der innenpolitischen Querelen rund um die Besetzung von Thomas (Schmid) als Alleinvorstand der Österreichischen Beteiligungs AG, der Öbag, bisher auch nicht so recht aufkommen.
So sind meine Frau und ich auch gleich zuhause geblieben. Ich begnügte mich mit einer Wanderung auf den Anninger. Und wen seh ich oben bei der Warte? Den Helmut (Kern), Aufsichtsratschef der Öbag. „Was schaust denn so betrübt?“, frag ich ihn. Er greift in die Innentasche seiner Jacke, holt einen Flachmann und eine harte Wurst heraus, nimmt einen Schluck und einen kräftigen Bissen. „Das fragst noch, Gekko? Weißt eh, was abgeht. Ein Dilemma isses, ein Dilemma. Da packelt der Thomas mit dem Gernot (Blümel) und dem Sebastian (Kurz) und macht sich alles aus, richtet sich seinen Posten und urgiert mich in den Aufsichtsrat. Und jetzt, wo herausgekommen ist, dass der Thomas die Ausschreibung hat ändern lassen, damit er überhaupt den Posten kriegt, ist der Teufel los. Ich krieg von überall her Anrufe, was da los ist bei uns. Ich bin ruiniert. Ich kann aufs AMS gehen oder nach Russland.“
Ich schau ihn an: „Na ja, ihr wart ja alle mitsammen von Anfang an dabei. Ihr hättet ihm damals schon sagen müssen, dass die Vorgehensweise nicht korrekt ist.“ – „Du hast leicht reden, Gekko“, sagt der Helmut, „der Thomas hat uns alle um den Finger gewickelt. A goldenes Naserl, hat’s geheißen, könnt man sich da verdienen. Und weil wir ja alle Familie sind, hat er gesagt, kann uns nix passieren. Und ich Trottel hab ihm geglaubt. Jetzt bin ich rechtlich für die ganze Chose auch noch verantwortlich. Ich könnt mich in den …“
Da tritt plötzlich ein geistlicher Würdenträger im Talar an uns heran und schaut den Helmut mit buschigen, zusammengezogenen Augenbrauen an: „Sie, Herr Kern, richten Sie Ihrem Chef aus, er soll zum Elmayer gehen und sich Manieren beibringen lassen. Grüß Gott!“, sagt’s, dreht sich um und schreitet von dannen. – „Siehst, siehst, was ich sage“, sagt der Helmut, „das, was der Thomas und seine Habschis da ausbaldowert haben, kommt jetzt alles an die Öffentlichkeit, jeder weiß Bescheid, wie peinlich.“
Er nimmt noch einen Schluck vom Flachmann, seufzt und sagt: „Da hast du’s! Die ganze Reputation is weg – meine, die der Öbag und auch die der Republik!“ – Da kommt eine ältere Frau mit Kopftuch des Weges, sieht den Helmut, hebt ihren Gehstock und faucht: „Schaumts eich, es Gfraster, es mit eichara Pfostenschacherei in da Öbag! Es glaubts jo net wirklich, doss des durchgeht. Ois mit unsan Steiagöld! Es werds no am Praunga steh! Des winsch i eich!“
Die Alte spuckt dem Helmut vor die Füße, dreht sich um und geht. Der Helmut schaut mich mit verzweifelter Miene an. Da meldet sich sein Handy – eine Whatsapp-Nachricht. Auf seiner Stirn ziehen dunkle Wolken auf. „Lies laut“, sag ich, „bei deinem Gschau will ich’s wissen.“ – Er liest: „Lieber Helmut, magst du den Posten vom Thomas übernehmen? Das würd mich ur freuen. Wir brauchen einen starken Mann an der Spitze. Weißt eh. Bussi, dein Gernot.“
In diesem Sinne,
„Cash up!“
Der Börsianer