Die Europäische Zentralbank (EZB) hat gestern ihre Politik zur Preisstabilität angepasst. Ziel ist nun eine jährliche Teuerungsrate von durchschnittlich zwei Prozent, davor waren es nahe zwei Prozent (aber möglichst darunter). Ich habe mich für dich bei führenden Ökonomen in Österreich umgehört, was das für Folgen haben wird. Monika (Köppl-Turyna) von Eco Austria sagt, das höhere Inflationsziel „könnte den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik erschweren, das ist schlecht für die Realwirtschaft“. Eine gute Idee sei indes, selbst genutzte Immobilien (Stichwort Asset Price Inflation) in die Inflationsberechnung einzubeziehen.
Weiter am Gaspedal
Raiffeisen-Chefanalyst Peter (Brezinschek) meint, „die EZB hat so mehr Spielraum am Gaspedal zu bleiben und Anleihenkäufe fortzuführen“. Nicht kommuniziert wurde der Durchrechnungszeitraum für die zwei Prozent: „das gibt der EZB noch mehr Flexibilität“. Unicredit-Chefvolkswirt Stefan (Bruckbauer) sieht den Entscheid gelassener und wegen den vagen Formulierungen wenig Änderung in der EZB-Geldpolitik, weil EZB-Chefin Christine (Lagarde) auf Konsens aus ist:
„Hinsichtlich der stärkeren Berücksichtigung von Klimazielen dürften die Möglichkeiten der EZB überschaubar bleiben, es ist dies wohl auch nicht in erster Linie Aufgabe der Geldpolitik, hier wird die Aufsichtspolitik eine größere Rolle spielen.“
Die Einbeziehung von Immobilien könnte die Inflationsrate um 0,1 bis 0,2 Prozent erhöhen, Peter meint sogar 0,3 Prozent. Österreich gehört laut Peter neben Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg zu den neutraleren Staaten, während Frankreich, Spanien und Italien Fans der expansiven Fiskalpolitik sind.
Empörung auf Twitter
Auf Twitter sorgte die neue Strategie der EZB für zahlreiche kritische Wortmeldungen:
Hier könnte ein Tweet zum neuen „Inflationsziel“ der EZB stehen, aber ganz ehrlich, mir fällt dazu nix mehr ein.
Das ganze Konzept ist so bizarr. Ein paar „weise“ Frauen und Männer sitzen in Frankfurt und steuern die Wirtschaft eines ganzen Kontinents per Gelddruckmaschine. pic.twitter.com/ZnB5UY1IXT
— Nikolaus Jilch (@JilNik) July 9, 2021
EZB ist vollkommen politisiert – schon seit Jahren. Jetzt wird es nochmal deutlich mit der faktischen Aufgabe des Inflationsziels und den Öko-Planwirtschaftlichen Vorgaben für den Anleihekauf. EZB hat sich immer mehr zu einer planwirtschaftlichen Behörde entwickelt.
— Dr. Dr. Rainer Zitelmann (@RZitelmann) July 8, 2021
Die #EZB treibt mit ihrer Zinspolitik Assetpreise durch die Decke, befeuert Konsumgüterinflation, zerstört den Anreiz zu sparen, verhindert über die Abflachung der Zinskurve die Fristentransformation und betreibt Staatsfinanzierung, was nicht ihrem Mandat entspricht. #BVMW
— BVMW NRW (@BVMWNRW) July 9, 2021
Eine unabhängige Zentralbank darf sich nicht anmaßen, Politik in Feldern zu betreiben, die zum Terrain gewählter Politiker gehören. Mit ihrer neuen Strategie begibt sich die #EZB in Gefahr, ihr Mandat zu überdehnen. Ein Kommentar von Gerald Braunberger https://t.co/TyHxhfxQXs
— FAZ Wirtschaft (@FAZ_Wirtschaft) July 8, 2021
Die EZB versucht sich jetzt übrigens mit Cartoons am Thema Finanzbildung:
Die EZB hat nun angekündigt, ihre Kommunikation mit der breiten Masse zu verbessern. Extrem wichtig.
Dazu gehören auch Cartoons auf der Website.
Das ist bislang mein Favorit: https://t.co/w7RRq9yiJC pic.twitter.com/DoYif8RwQB
— Heike Lehner (@heikelehner) July 9, 2021