Geschätzte Paternosterfahrer,
ihr wisst ja, warum ich euch mit „Paternosterfahrer“ anspreche – weil es im Börsengeschäft immer erst rauf- und dann wieder runtergeht. Runter geht es momentan vor allem in den Chefetagen. Da hat Thomas (Schmid) erst unlängst die Vertragsverlängerung seines Postens bei der Öbag nobel in Abrede gestellt, schon kommt der Nächste, der öffentlich bekanntgibt, dass er seinen Posten im kommenden Jahr abgeben wird: OMV-Boss Rainer (Seele), der lyrisch wohl Begabteste unter den Vorstandsvorsitzenden.
Wie ich also letztens von einem Treffen mit dem René (Benko) im Leiner-Haus – ich wollte ihm den Abriss ausreden, leider vergeblich – runtergeh zum Ring, seh ich doch den Rainer, wie er in einem Schreibblock versunken auf dem Sockel des Goethedenkmals hockt. „Ja Rainer, alter Weißkopfgeier“, sag ich, „hast du nix zu tun? Bei dir brennt doch der Hut an allen Enden und Ecken!“
Er blickt auf: „Gekko, du beliebst zu scherzen. Ja, die Geier kreisen schon am Himmel. Aber meinen Kadaver bekommen sie nicht. Ich schlag zurück – und zwar mit Worten, die feine Klinge. Sieh mal, hatte soeben ’ne Eingebung. Darf ich dir vorlesen?“ – Ich schau verdutzt, und schon legt er los: „Das Gedicht heißt in Anlehnung an Joachim Ringelnatz: Und auf einmal stehst du neben dir
Und auf einmal merkst du insgeheim
Wie viel Neid um dich herum
Wie viel Undank, Hass und Schleim
Alle Müh vergebens – sei’s drum
Fragst betroppezt in die Runde
Borealis, Stickstoff, war das nichts?
Doch sie verstummen nur, die Hunde
Auf Dilettanten bin ich nicht erpicht
Du straffst den Kurs des Unternehmens
Bist der Held der Republik
Dossier sollte sich was schämen
Für die billige Kritik
Und dann noch Greenpeace, diese Gfraster
Ich machte den Konzern doch grün
Jetzt ist es ein PR-Desaster
Das wird dem Kogler auch noch blühn
Fazit: Wer Erfolg hat, hat den Schaden
Bevor ich mich da lange quäle
Nehm ich Abschied von den Maden
Grüß euch, Rainer Seele“
In diesem Sinne,
„Cash up!“
Der Börsianer